Allgemeine Informationen

Über Trauer

Ein Kind vor, während oder kurz nach der Geburt zu verlieren ist eine der schlimmsten und schmerzhaftesten Erfahrungen, die Eltern machen können. Wenn Geburt und Tod zusammenfallen, erscheint die natürliche Weltordnung verletzt. Das Geschehene ist unbegreiflich, die Eltern sind oft wie betäubt. Doch gerade in dieser Situation müssen Entscheidungen getroffen werden, zu denen sich Eltern gar nicht fähig fühlen, z. B. ob sie das Kind sehen und halten wollen, welche Erinnerungen geschaffen werden und wie ein mögliches Begräbnis gestaltet werden kann.

Viele Eltern sind nach dem Tod ihres Kindes, das doch nur im Mutterleib oder nur kurz nach der Geburt gelebt hat, überrascht, wie heftig und überwältigend die Trauer ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, sich genügend Zeit zum Trauern zu nehmen. Da aber “abnormale Reaktionen auf abnormale Ereignisse normal” sind, steht Ihnen Ihre persönliche Trauer zu, egal wie sie von Außen auch eingeschätzt werden mag.

Trauer gehört zu unserem Leben. Eigentlich. Praktisch werden Trauergefühle oft gemieden oder verdrängt, wir haben nicht gelernt zu trauern. Trauernde ziehen sich zurück, so bleiben sie allein und die Gesellschaft wird vor der schmerzhaften Wahrnehmung des Leidenden geschont. Aber wir wissen heute, dass zurückgehaltene, verdrängte oder unterdrückte Trauer zu Krankheiten führen kann - seelisch und körperlich. Es sind die ungeweinten Tränen, die krank machen. Um Trauer zu bewältigen muss sie erlebt, durchlitten und  manchmal auch gezeigt werden. Wer sich dieser Aufgabe stellt, kann erfahren, dass Trauer eine heilende Kraft haben kann.

Trauer hat viele Seiten

In der Trauer, die Sie sehr verletzlich macht, treffen Sie immer wieder auf Menschen, die von Ihrem Schicksal noch nicht gehört haben und Ihnen gratulieren oder Sie beschenken. Manchmal kommt per Post Werbung oder Geschenke von Babynahrungsmittelherstellern oder Bekleidungsfirmen.  Damit müssen Sie rechnen.

Oft stecken Sie auch voller Aggressionen gegen Eltern, die ihre Kinder haben dürfen, auch wenn es Ihre Freunde oder Verwandten sind. Über gesellschaftlich nicht anerkannte Gefühle wie Neid und unbegründete Missgunst berichten fast alle verwaisten Eltern, einige erleben sich auch empfindlicher, wenn sie es z. B. nicht ertragen zu können, dass andere Eltern mit ihren Kindern im Supermarkt schimpfen oder lieblos mit ihnen umgehen.

Diese negativen Gefühle können zwischenzeitlich von einem tiefem Gefühl der Freude abgelöst werden, dass die Schwangerschaft überhaupt existierte. Auch andere positive Gefühle können Sie überwältigen. So wird das erste Lachen oft von einem schlechtem Gewissen begleitet, auch wenn es Monate nach dem Verlust des Kindes kommt. 

Manchmal kann Sie die Sehnsucht nach Ihrem verstorbenen Kind so überwältigen, dass Sie ihm am liebsten in den Tod folgen würden. Diese Todessehnsucht ist durchaus nicht ungewöhnlich. Sollten die Todeswünsche aber überhand nehmen und können Sie sich innerlich von ihnen nicht mehr distanzieren, sollten Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Körperliche Reaktionen beeinflussen die Trauer

Neben den psychischen Folgen kann es bei den Müttern auch zu belastenden körperlichen Reaktionen kommen. Manchmal tritt auch trotz Abstilltabletten und manchmal auch nach einer relativ kurzen Schwangerschaft (späte Fehlgeburt) der Milchfluss ein. Das Kind ist nicht mehr da und die Milch fließt ins Leere. In diesen Fällen können physikalische Maßnahmen (z. B. Wickel) und / oder ein Wechsel der Abstilltabletten helfen. Ihre Nachsorgehebamme kennt zusätzliche sanfte Abstillmethoden.

Väter, Mütter und Geschwister

Die Trauer ist ein individueller Prozess, durch den jeder Mensch auf seine eigene Weise hindurchgeht. Die besondere Situation führt dazu, dass jeder innerhalb der Familie vor seinen eigenen Problemen steht, wie er die Trauer bewältigen kann. Mütter werden in der Regel am häufigsten in ihrer Trauer wahrgenommen. Sie fühlen sich nach dem Verlust eines Kindes kaum in der Lage, den normalen Alltag zu bewältigen, geschweige denn wieder zur Arbeit zu gehen. Väter hingegen gehen nach einer relativ kurzen Zeit wieder ihrem Beruf nach, oft aus der Notwendigkeit heraus, weil ihnen als Vater kaum Trauerzeit zugestanden wird. Diese unterschiedlichen Situationen führen dazu, dass die beiden auch unterschiedlich mit ihren Gefühlen umgehen. Väter sprechen oft davon, dass sie „funktionieren“ müssen, sei es, weil es in ihrem Beruf erforderlich ist, sei es, weil sie das Gefühl haben, ihre Partnerin in dieser schwierigen Situation dadurch zu unterstützen.

Es ist wichtig, den Weg des anderen zu akzeptieren. Verschiedene Menschen haben verschiedene Verarbeitungsmöglichkeiten, die oft auch zeitlich unterschiedlich verlaufen. Wenn Sie das wissen und annehmen können, können Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin durch diese schwere Zeit hindurchgehen und gemeinsam einen neuen Weg finden.

Auch die Trauer von Geschwisterkindern sollte akzeptiert werden. Wenn die Geschwisterkinder noch sehr klein sind, können Bilder helfen, ihnen begreiflich zu machen, wo das kleine Baby aus Mamas Bauch nun ist. Ältere Kinder haben oft ganz eigene kreative Ideen, wie sie mit ihrer Trauer umgehen können. Offenes Sprechen innerhalb der Familie und gemeinsame Rituale können helfen. Auch Geschwister haben das Recht auf Trauer, denn auch sie haben einen wichtigen Menschen in ihrem Leben verloren.

Sich erinnern und neu finden

In der Zeit der Trauer tauchen immer wieder Erinnerungen an Erlebnisse aus der Schwangerschaft auf. Orte, die Sie mit Ihrem Kind besucht haben, Feiertage, die Sie in froher Erwartung begangen haben … Geben Sie diesen Erinnerungen Raum, auch wenn Sie schmerzhaft sind. Es sind die Momente, die Sie zusammen mit Ihrem Kind erlebt haben, die Ihnen niemand mehr nehmen kann.

Im Laufe der Zeit kann es dann zu einem neuen Selbst- und Weltbezug kommen, der sich dadurch auszeichnet, dass Sie beginnen, den Verlust zu akzeptieren. Das wird nicht nach zwei Wochen der Fall sein, aber viele Sterncheneltern berichten, dass sie gelernt haben, das Leben ihres Kindes, auch seine kurze Dauer, als solches zu akzeptieren und darin neben dem großen Verlust auch ein wichtiges Geschenk für ihr eigenes Leben sehen.

Sie beginnen wieder, Interessen zu haben und neue Bindungen einzugehen. Erinnerungen ohne diesen intensiven Schmerz werden möglich. Dennoch gibt es auch kritische Tage, die weh tun, Jahrestage wie der Geburts-, der Todes- und der Beerdigungstag, aber auch allgemeine Familienfeste wie Weihnachten oder Muttertag. An diesen können Ihnen das Erinnern und Sprechen über das verstorbene Kind sowie Trauerrituale helfen.

Gelebte Trauer

Während die Psychologie früher Trauernde aufforderte, die Trauer abzuschließen und das geliebte Kind zu verabschieden, setzt sich nun zunehmend das Konzept der dauerhaften Beziehung durch. Es geht nicht um Abschied und Neubeginn, sondern um das Leben mit Ihrem verstorbenen Kind. Sie können weiter mit ihm in Kontakt bleiben, mit ihm sprechen, es spüren. Ihr Kind bleibt ein Teil von Ihnen, begleitet Sie, wobei sich die Beziehung im Laufe der Zeit verändern wird – ebenso wie es im Kontakt zu lebenden Kindern der Fall ist.

Zu Trauern ist eine sehr persönliche und individuelle Angelegenheit. Es ist Ihr Kind, das gestorben ist und niemand hat das Recht, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie zu trauern haben, wie oft oder wie selten Sie zum Friedhof gehen sollen, wie oft Sie vom Kind sprechen und wie lange Sie trauern dürfen. Sie allein werden ein Gespür dafür entwickeln, welcher Weg für Sie der Richtige ist.